Michel, ein zwanzigjähriger junger Mann mit frühkindlichem Autismus,
lebt heute ohne Psychopharmaka in einer offenen Wohngruppe in der Chasa
Flurina im Unterengadin. Ein Glücksfall!
Als bei Michel die Pubertät einsetzte und eskalierende Situationen
zu Hause, in der Heilpädagogischen Schule und in der Wohngruppe
zunahmen, wurden seine Eltern mehrmals vor die Wahl gestellt, ihrem Sohn
Neuroleptika und Antidepressiva zu verabreichen oder sonst einen neuen
Platz zu suchen, weil sein Verhalten nicht mehr tragbar sei. In der
Krisensituation sahen die Eltern keinen anderen Weg, als dem Vorschlag
der Fachpersonen zuzustimmen, allerdings mit grossen Bedenken.Die
Autorin erzählt von bedingungsloser Liebe, Überforderung, Verzweiflung
und Einsamkeit. Sie findet kompetente Betreuungspersonen mit
beachtenswerten Fähigkeiten: ihnen gelingt es, den «leicht erregbaren»
Michel ohne Abgabe von Psychopharmaka zu beruhigen und sein Vertrauen zu
gewinnen. Das Buch erschliesst den sogenannt «Normalen» einen
Lebensbereich, der für die meisten weiter entfernt liegt als das Ende
der Welt – und uns trotzdem alle angeht.
Ich finde dieses Buch sehr lesenswert, denn es zeigt auf, dass auch heute noch in vielen Institutionen einen einfachen Weg gewählt wird. Eveline Bachmann hat dieses Buch nicht mit mahnendem Zeigefinder geschrieben, sondern aus dem Bedürfnis heraus, aufzuzeigen, dass man mit Hartnäckigkeit und Mut auch zum Ziel kommen kann.



